Damit ein nebeneinander im Strassenverkehr unfall- und möglichst gefahrenfrei funktioniert, braucht es gewisse Regeln, die von allen Verkehrsteilnehmern einzuhalten sind. Auch wenn sich die meisten Verkehrsteilnehmer daran halten (wollen), passiert es oftmals schneller als gedacht und die Verkehrsregeln sind verletzt.
Die Verletzung von Verkehrsregeln zieht regelmässig zwei Verfahren nach sich:
Einerseits sind Verkehrsregelverletzungen gemäss Art. 90 SVG strafbar. Die Strafbehörde am Ort der Verkehrsregelverletzung führt ein Strafverfahren. Die Sanktionen reichen von einer einfachen Busse (ohne Strafregistereintrag) über Vergehen (bestraft mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe und einem Strafregistereintrag) bis hin zu Verbrechen (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis vier Jahre) im Falle einer sogenannten qualifiziert groben Verletzung der Verkehrsregeln.
Weiter wird parallel das Administrativmassnahmenverfahren durch die Verkehrszulassungsbehörde des Wohnsitzkantons (z.B. Strassenverkehrsamt) geführt. Oftmals wissen die Betroffenen noch nichts von diesem Verfahren und gehen davon aus, dass die Angelegenheit mit der Bezahlung der Busse erledigt ist. Dies ist häufig eben gerade nicht der Fall und (allenfalls erst nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens) meldet sich noch das Strassenverkehrsamt. Wie lange der Führerausweisentzug dauert, hängt von verschiedenen Umständen ab und ist einzelfallbezogen zu beurteilen.
Einerseits muss der Vorfall in administrativrechtlicher Sicht gewürdigt werden. Administrativmassnahmen werden ausgesprochen für leichte, mittelschwere oder schwere Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz. Zur Einstufung der Widerhandlung werden in erster Linie die Kriterien des Verschuldens und der entstandenen Gefährdung in Betracht gezogen.
Die Sanktionen reichen von Verwarnungen (für eine leichte Widerhandlung) bis hin zu einem Führerausweisentzug von mehreren Monaten oder beispielsweise, wenn der Rasertatbestand (Art. 90 Abs. 4 SVG) erfüllt ist, bis zu zwei Jahren.
Nur im Falle einer besonders leichten Widerhandlung erfolgt keine Administrativmassnahme (Art. 16a Abs. 4 SVG).
Weiter ist zu berücksichtigen, dass Ersttäter mildere Sanktionen erwarten dürfen, als Wiederholungstäter. Die sogenannte Kaskade sieht vor, dass der Führerausweis länger entzogen wird, wenn in den vergangenen Jahren bereits Administrativmassnahmen gegen einen Fahrzeuglenker verhängt wurden.
Eine weitere Besonderheit ergibt sich bei Fahrzeuglenkern, welche noch einen Führerausweis auf Probe (FAP, umgangssprachlich «grünes L») haben. Zum einen wird die Probezeit bei einem Entzug des Führerausweises auf Probe um ein Jahr verlängert. Weiter verfällt der FAP im Falle eines zweiten Ausweisentzugs während der nunmehr verlängerten Probezeit (Art. 15a Abs. 4 SVG), wobei dann eine Sperrfrist von einem Jahr verhängt wird und danach die gesamte Führerprüfung erneut abgelegt werden muss. Wird diese bestanden, wird erneut ein Führerausweis auf Probe ausgestellt – mit einer neuen Probezeit von drei Jahren. Die gute Neuigkeit bei Widerhandlungen mit einem zweiten Führerausweis auf Probe ist, dass Delikte, welche mit dem ersten FAP begangen wurden, nicht mehr kaskadenrelevant sind. Im Einzelfall sollte dies jeweils genau geprüft werden.
Falls Ihnen Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz vorgehalten werden, empfiehlt es sich, frühzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten und sich beraten zu lassen.
Joël Fischer ist Rechtsanwalt bei SLP Rechtsanwälte und Notariat in Aarau. Er berät Unternehmen sowie Privatpersonen in den Bereichen des allgemeinen Vertragsrecht sowie des Familien- und des Strafrechts (inkl. Strassenverkehrsrecht).
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