Am 1. Januar 2023 tritt das revidierte Erbrecht in Kraft. Bedeutende Änderungen sind die Reduktion der Nachkommenpflichtteile von ¾ auf ½ und verschiedene Klärungen der erbrechtlichen Behandlung der güterrechtlichen Meistbegünstigung.
Zusätzlich zu dieser Erbrechtsrevision hat der Bundesrat einen Vorentwurf über die Änderungen des Erbrechts bei der Unternehmensnachfolge vorgelegt. Die Beratungen im Parlament darüber sind im Gange.
Die erbrechtliche Übertragung der Inhaberschaft an einem Unternehmen wirft zahlreiche Probleme auf, die mit negativen Folgen für die betreffenden Unternehmen, aber auch für die Volkswirtschaft im Allgemeinen verbunden sind. Mit der Revision des Erbrechts soll die erbrechtliche Unternehmensnachfolge erleichtert werden, indem dafür besondere Vorschriften geschaffen werden, wobei zugleich darauf geachtet werden soll, dass die Gleichstellung der Erbinnen und Erben so weit wie möglich eingehalten wird.
Mit dieser zusätzlichen Revision des Erbrechtes soll die Testierfreiheit des Erblassers erhöht werden. Es soll eine grössere Flexibilität bei der erbrechtlichen Unternehmensnachfolge erreicht werden, womit die Übertragung der Inhaberschaft an Unternehmen von der Unternehmerin oder vom Unternehmer auf den Erben seiner Wahl erleichtert wird.
Damit diese Ziele erreicht werden können, schlägt der Vorentwurf des Bundesrates vier zentrale Massnahmen auf:
- Zunächst schafft dieser Vorentwurf für die Erben ein Recht auf Integralzuweisung eines Unternehmens im Rahmen der Erbteilung, wenn der Erblasser keine diesbezügliche anderslautende Verfügung getroffen hat. Damit soll insbesondere die Zerstückelung oder Schliessung von Unternehmen verhindert werden.
- Zusätzlich soll zugunsten des Unternehmensnachfolgers die Möglichkeit geschaffen werden, von den anderen Erben einen Zahlungsaufschub zu erhalten, namentlich, um schwerwiegende Liquiditätsprobleme zu vermeiden.
- Der Vorentwurf schlägt spezifische Regeln für den Anrechnungswert des Unternehmens fest, indem er zwischen betriebsnotwendigen und nicht-betriebsnotwendigen Vermögensteilen unterscheidet. Damit soll dem unternehmerischen Risiko Rechnung getragen werden, das der Unternehmensnachfolger auf sich nimmt. Gleichzeitig werden die anderen Erben hinsichtlich der Vermögensgegenstände, die sich ohne Weiteres aus dem Unternehmen herauslösen lassen, nicht benachteiligt.
- Schliesslich schlägt der Vorentwurf einen verstärkten Schutz der pflichtteilsberechtigten Erben vor, indem ausgeschlossen wird, dass ihnen ihr Pflichtteil gegen ihren Willen in Form von einem Minderheitsanteil an einem Unternehmen zugewiesen werden kann, wenn ein anderer Erbe die Kontrolle über dieses Unternehmen ausübt.
Zurzeit steht noch nicht fest, wie die definitiven Vorschriften für die Unternehmensnachfolge im neuen Erbrecht lauten. Auch das Inkrafttreten dieser zusätzlichen Erbrechtsrevision ist noch offen.
Dr. iur. Andreas Baumann, Rechtsanwalt und Notar, Fachanwalt SAV Erbrecht